Die Nebentätigkeit eines angestellten Krankenhausarztes außerhalb seiner regulären Arbeitszeit als flugbegleitender Arzt auf einem Rettungshubschrauber kann versicherte Tätigkeit im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses sein.

Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 29. Juli 2014 – L 9 U 4701/11 –, juris (Abgrenzung zu BSG, Urteil vom 28.05.2008 – B 12 KR 13/07 R -)

2005 stürzte der Rettungshubschrauber Chr. xx auf dem Weg von Stuttgart nach München ab. Die Besatzung einschließlich des begleitenden Arztes kam dabei ums Leben. Streitig war die Anerkennung eines Arbeitsunfalles und damit die Entschädigung durch den Unfallversicherungsträger.

Der Arzt flog nach Angaben des Klinikträgers außerhalb seiner Dienstzeit, freiwillig, mit einer genehmigten Nebentätigkeit. Ein Vertrag zwischen dem Durchführenden der Luftrettung und dem anstellenden Klinikum bestand nicht. Der beklagte Unfallversicherungsträger ging daher davon aus, dass die Tätigkeit des Notarztes als selbständige freiberufliche Tätigkeit zu werten sei. Diese sei zumindest bei ihm nicht versichert.

Anderer Auffassung war das Landessozialgericht Baden-Württemberg. Der Notarzt sei nicht freiberuflich tätig gewesen, sondern stand in einem Beschäftigungsverhältnis zu dem Luftrettungsunternehmen. Denn dem Notarzt standen keine eigenen Betriebsmittel zur Verfügung. Er war in den Betrieb der Luftrettung eingegliedert. Nach Dienstplaneinteilung war er verpflichtet den Dienst anzutreten. Bei einer kurzfristigen Verhinderung suchte der Luftrettungsbetreiber Ersatz, nicht der Notarzt. Der Notarzt trug damit auch kein unternehmerisches Risiko. Er wurde pauschal vergütet. Auch dass er nur an den von ihm gewünschten Tagen zum Einsatz kam, führt nicht zur Annahme einer selbstständigen Tätigkeit.

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV ist Anhaltspunkt für eine Beschäftigung die Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation und die Unterordnung unter das Weisungsrecht des Arbeitgebers, insbesondere in Bezug auf Zeit, Dauer, Ort und Art der Arbeitsausführung. Das Weisungsrecht kann allerdings besonders bei Diensten höherer Art erheblich eingeschränkt und zur funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein (BSG, Urteil vom 25.01.2006, B 12 KR 12/05 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 6). Kennzeichnend für eine selbstständige Tätigkeit sind demgegenüber das eigene Unternehmensrisiko, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die Möglichkeit, frei über Arbeitsort und Arbeitszeit zu verfügen (BSG, Urteil vom 14.12.1999, B 2 U 38/98 R, BSGE 85, 214-224 m.w.N.). Für eine selbstständige Tätigkeit spricht auch das Vorhandensein eigener Betriebsmittel und einer eigenen Betriebsstätte. Ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, entscheidet sich im Einzelfall nach dem Gesamtbild der Tätigkeit (BSG, Urteil vom 22.02.1973, 2 RU 110/71, BSGE 212-215). Nach diesen Kriterien ist vorliegend vom Bestehen eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII auszugehen, da die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung die einer selbstständigen Tätigkeit überwiegen. Dr. M. hat für seine Tätigkeit keine eigenen Betriebsmittel zur Verfügung gestellt. Er war in den Betrieb der D. eingegliedert. Es wurden im Auftrag der D. durch Herrn J. Dienstpläne für die Notarzteinsätze erstellt. Nach Übernahme des Dienstes und Einteilung auf dem Dienstplan war nach Mitteilung der D. der Arzt verpflichtet, den Dienst anzutreten. Eine Versäumung des Dienstes hätte ein Mitarbeitergespräch und eine Ermahnung zur Folge gehabt. Bei einer kurzfristigen Verhinderung war diese dem für den Dienstplan verantwortlichen Arzt anzuzeigen. In diesem Fall sorgte die D. und nicht der eingeteilte Notarzt für entsprechenden Personalersatz. (…).

 

Fazit für Notärzte und Betreiber

Sie sollten den sozialversicherungsrechtlichen Status ihrer Verträge prüfen lassen.