Hat ein Unfall-Arzt Anspruch auf Blaulicht und Sonderrechte? Am Universitätsklinikum in Erlangen jedenfalls dürfen Unfall-Ärzte, die keine Notärzte sind, jetzt schneller zum Verletzten in die Klinik – das Innenministerium macht es möglich. Ein Anästhesist fragte: Ist das zulässig?

„Joachim Herrmann, bayerischer Innenminister, und Christa Matschl, Mitglied des Bayerischen Landtags a. D., haben hier im Interesse der Bevölkerung, zügig und unbürokratisch, eine Blaulichtsondergenehmigung für ein Einsatzfahrzeug der Unfallchirurgischen Abteilung (…) erwirkt.“ (Uni-Klinik Erlangen)

Es geht also darum: Der diensthabende Unfallchirurg ist zuhause. Er hat Rufbereitschaft. Wird jetzt ein Polytrauma eingeliefert, setzt er sich in sein UFEF (Unfall-Arzt-Einsatz-Fahrzeug) und fährt mit Blaulicht in die Klinik (Quelle: Uni-Klinik Erlangen). Ob sich dem zukünftig auch Anästhesisten, Viszeral- und Neurochirurgen und viele weitere Fachrichtungen anschließen, ist nicht gesagt – auf dem Blaulicht-Parkplatz könnte es dann jedenfalls eng werden.

Ich erinnere mich an die Fragen mancher Ärzte im Rufbereitschaftsdienst, die gerne mit Blaulicht und Sonderrechten zur Klinik gefahren wären. Ob schnell zur Not-Sektio oder zum Kindernotfall in kleinen ländlichen Krankenhäusern – ihnen verwehrten die Behörden stets das Blaulicht. Eine wesentliche Argumentation: Wenn Ihre Anwesenheit so wichtig sei, solle man für einen Bereitschaftsdienst vor Ort sorgen. Auch einige Bereitschaftsärzte in strukturschwachen Regionen Bayerns wären gerne schneller beim Patienten. Und selbst der ein oder anderen First-Responder-Einheit wurde die Sondersignalanlage untersagt, weil sie nicht einer der großen Hilfsorganisationen oder Feuerwehren angehört. Warum also erhält ein Unfall-Arzt – oder auch Polytraumaspezialist – das, was so viele begehren? Nun, ich kann und will die Entscheidung des Innenministeriums nicht anhand von Zeitungsartikeln und Spekulationen bewerten. Aber hat ein Unfall-Arzt Anspruch auf Blaulicht?

Hat ein Unfall-Arzt Anspruch auf Blaulicht?

Das Bayerische Rettungsdienstgesetz sieht keinen Unfall-Arzt neben dem Notarzt vor. Der Unfall-Chirurg ist also kein Bestandteil des Bayerischen Rettungsdienstes. Ob er darüber hinaus Sonderrechte beanspruchen kann, steht in der Straßenverkehrsordnung (StVO) – doch auch hier Fehlanzeige: § 35 StVO enthält keine Regelung für Unfall-Ärzte. Darf dann das Fahrzeug überhaupt mit einer Sondersignalanlage ausgestattet sein? § 52 Abs. 3 StVZO gewährt blaues Blinklicht insbesondere den Fahrzeugen der Polizei, der Feuerwehren, des Katastrophenschutzes und der Rettungsdienste – zu denen der Unfall-Arzt jedoch nicht zählt.

Der Unfall-Arzt ist also per se weder dem Rettungsdienst zugeordnet, noch gewährt die StVO Sonderrechte und die StVZO keine Sondersignalanlage.

Ist die Sondergenehmigung dann rechtmäßig?

Die oberste Landesbehörde kann tatsächlich Ausnahmen von der StVZO genehmigen. § 70 Abs. 1 Nr. 2 StVZO verleiht dem Innenministerium die erforderliche Befugnis. Möglich also ist es; willkürlich anordnen darf die Behörde die Ausnahmegenehmigung  nicht. Das Innenministerium wird also die erforderliche Notwendigkeit gesehen haben, der unfallchirurgischen Abteilung die Sondergenehmigung zu erteilen.

Erhalten wir eine Sondergenehmigung?

Diese weitgehende Verwaltungspraxis hat allerdings auch Auswirkungen; sie wird bei zukünftigen Entscheidungen der Behörde zu berücksichtigen sein. Der Gleichheitsgrundsatz muss für alle Anträge gleichermaßen gelten (vgl. dazu auch Verwaltungsgericht Augsburg, Urteil vom 05.11.2013 – Au 3 K 13.577 –, openJur). Die Zukunft wird also zeigen, welche Kriterien das Innenministerium bei der Zulassung von Rufbereitschafts-Zubringern aufstellen wird. Fahren also auch Hebammen, Gynäkologen und Kardiologen, Anästhesisten, Viszeral- und Neurochirurgen oder sonstige ärztliche Spezialisten künftig mit Blaulicht? Wir werden sehen.

Wichtig zu wissen: Die Sonderrechtefahrt selbst dürfte nur in sehr wenigen einzelnen Ausnahmefällen begründet sein. Wenn Sie wissen wollen, in welchen: Lassen Sie sich lieber anwaltlich beraten.