Um die Bereichsausnahme wird weiter gestritten. Diesmal in Niedersachsen: Das Oberverwaltungsgericht hat entschieden, dass die Bereichsausnahme des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB in Niedersachsen grundsätzliche keine Anwendung findet.

OVG Lüneburg, Beschluss vom 12.06.2019 – 13 ME 164/19

Wir erinnern uns: Der Europäische Gerichtshof hatte in einem Urteil vom 21.03.2019 – Rechtssache C-465/17 – die Bereichsausnahme im Rettungsdienst nach dem deutschen Vergaberecht thematisiert. Das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) enthält Vorgaben zur Vergabe öffentlicher Aufträge. Es fordert für Vergaben ein öffentliches und transparentes Verfahren. Einheitliche, europaweit gültige Regelungen hierzu enthalten die Richtlinien 2014/23/EU (Konzession) und 2014/24/EU (Submission). Bei gemeinnützigen Organisationen soll jedoch eine Ausnahme gelten, unter bestimmten Voraussetzungen.

Das Oberverwaltungsgericht urteilte nun: Die Regelung stelle auf ausschließlich auf gemeinnützige Anbieter ab. § 5 Abs. 1 NRettDG gehe demgegenüber aber von der Gleichrangigkeit gemeinnütziger und gewerblicher Anbieter aus. Zuständig sind nach Auffassung des OVG die Vergabekammern. Der Verwaltungsrechtsweg sei nicht gegeben. Denn das NRettDG gehe von der Gleichrangigkeit gemeinnütziger und gewerblicher Anbieter aus. Die ausschließlich auf gemeinnützige Beauftragte zugeschnittene Ausnahmeregelung des § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB könne daher keine Anwendung finden.

Bestätigt hat das Oberverwaltungsgericht, dass eine Rechtswegverweisung nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG durch die Verwaltungsgerichte an die jeweils zuständige Vergabekammer nicht möglich ist. Bei den Vergabekammern handelt es sich nicht um Gerichte im Sinne des Gerichtsverfassungsgesetzes.

Auffassung des OLG Celle zur Bereichsausnahme

Das OLG Celle hat im Anschluss hieran bestätigt, dass die Bereichsausnahme jedenfalls dann nicht eingreift, wenn der Auftraggeber den Wettbewerb auch für gewerblich tätige Unternehmen eröffnet. Mit zahlreichen Nachweisen. Ob eine ausschließliche Vergabe an Hilfsorganisationen landesrechtlich nach § 5 Abs. 1 NRettDG überhaupt zulässig wäre, ließ das OLG offen. OLG Celle Vergabesenat, Beschluss vom 25.06.2019, 13 Verg 4/19. [Anm.: ergänzt am 16.07.2019]

Es wird nicht die letzte Entscheidung sein, die sich mit der Bereichsausnahme im Rettungsdienst befassen wird. Eine Übersicht zu den einzelnen Bundesländern ist abgedruckt in der Gesetzessammlung Rettungsdienst.

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