Der Bundesgerichtshof verschärft die Prüfpflichten der Betreiber von Arztbewertungsportalen (hier: jameda) bei anonymen Bewertungen. Ein Zahnarzt zeigte sich äußerst unzufrieden über die negative Bewertung eines anonymen Nutzers auf www.jameda.de, klagte und hat jetzt einen Teilsieg errungen.

Im Internet schrieb der anonyme Nutzer: „Ich kann [Name des Klägers] nicht empfehlen (…) Leider ist es einfach, eine positive Bewertung zu schreiben, eine negative dagegen ist – auch rechtlich – schwierig, weshalb ich für die Bewertung auf die Schulnotenvergabe verweise, welche ich mir sorgfältigst überlegt habe“. Den Zahnarzt bewertete er mit der Gesamtnote 4,8. In den Kategorien Behandlung, Aufklärung und Vertrauensverhältnis bewertete er den Zahnarzt mit der Note 6.

Der Zahnarzt ging davon aus, dass der anonyme Nutzer überhaupt nicht bei ihm in Behandlung gewesen sei. Er forderte daher den Portalbetreiber zur Entfernung der Bewertung auf. Dieser entfernte den Beitrag zunächst, stellte ihn allerdings nach einer Prüfung wieder online. Bei der Prüfung sei der Bewerter angeschrieben und erfolgreich um Bestätigung der Bewertung und Erklärung gebeten worden. Der Zahnarzt allerdings wünschte weitere Informationen über den anonymen Nutzer, die der Betreiber unter Hinweis auf datenschutzrechtliche Bedenken verweigerte. Der Zahnarzt klagte daher darauf, es zu unterlassen die Bewertung weiter zu verbreiten.

Während das Landgericht Köln mit Urteil vom 9.07.2014 – 28 O 516/13 – der Klage noch stattgab, wies das OLG Köln mit Urteil vom 16.12.2014 – 15 U 141/14 – die Klage ab. Dem Kläger sei eher zuzumuten, die kritische Bewertung hinzunehmen, als die Beklagte zu verpflichten eine zulässige Bewertung aus dem Portal zu löschen. Das OLG lies jedoch die Revision zum BGH zu. Der Bundesgerichtshof hat das Verfahren nunmehr an das OLG zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen, aus folgenden Gründen:

Der Betrieb eines Bewertungsportals trägt im Vergleich zu anderen Portalen von vornherein ein gesteigertes Risiko von Persönlichkeitsrechtsverletzungen in sich. Diese Gefahr wird durch die Möglichkeit, Bewertungen anonym oder pseudonym abzugeben, verstärkt. Zudem erschweren es derart verdeckt abgegebene Bewertungen dem betroffenen Arzt, gegen den Bewertenden direkt vorzugehen. Vor diesem Hintergrund hätte die beklagte Portalbetreiberin die Beanstandung des betroffenen Arztes dem Bewertenden übersenden und ihn dazu anhalten müssen, ihr den angeblichen Behandlungskontakt möglichst genau zu beschreiben. Darüber hinaus hätte sie den Bewertenden auffordern müssen, ihr den Behandlungskontakt belegende Unterlagen, wie etwa Bonushefte, Rezepte oder sonstige Indizien, möglichst umfassend vorzulegen. Diejenigen Informationen und Unterlagen, zu deren Weiterleitung sie ohne Verstoß gegen § 12 Abs. 1 TMG in der Lage gewesen wäre, hätte sie an den Kläger weiterleiten müssen.

Die Entscheidung liegt noch nicht im Volltext vor, die Auskunft beruht auf der Pressemitteilung des BGH: BGH – Urteil vom 1. März 2016 – VI ZR 34/15 (Pressemitteilung)


 

Weitere Entscheidungen zu Bewertungsportalen

Die Rechtsfragen rund um ärztliche wie nichtärztliche Bewertungsportale sind vielfältig. So hatten sich die Gerichte bislang mit zahlreichen Beschwerden über Internetkritiken zu befassen. Das betraf nicht nur negative Bewertungen, sondern unter anderem auch die Vorrangstellung von kostenpflichtigen Platzierungen.

2015 befasste sich beispielsweise das LG München I, Urteil vom 18. März 2015 – 37 O 19570/14 – mit kostenpflichtigen Zusatzoptionen bei Jameda. Demnach liege eine Irreführung nach § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 UWG vor, wenn bei der Arztsuche Ergebnisse der kostenpflichtige Zusatzoption „Top-Platzierung Fachgebiete“ vor den Platzierungen der besten Bewertungen angezeigt werden ohne dass diese als Anzeige kenntlich gemacht sind.

2014 hatte der Bundesgerichtshof bereits zu Jameda entschieden, dass Ärzte keinen Anspruch auf Löschung ihrer Daten aus einem Ärztebewertungsportal haben, BGH – Urteil vom 23.09.2014 – VI ZR 358/13.

Und selbst hinsichtlich der Marken jameda und MEDA gab es Rechtsstreit. Den hatte das Bundespatentgericht in München mit Beschluss vom 23. August 2010 – 25 W (pat) 155/09 zu entscheiden.

Was kann ich bei negativen Bewertungen tun?

Das lässt sich so pauschal nicht beantworten. Eine anwaltliche Einschätzung ist immer sinnvoll. Denn die Unterscheidung von Tatsachenbehauptung und Meinungsäußerung ist nicht immer einfach. Meist bietet sich dann das notice-and-take-down-Verfahren an. Das Portal ist aufzufordern, den Beitrag zu entfernen. Das Portal müsste den Nutzer dann um Stellungnahme bitten und diese – sofern sie erfolgt – prüfen. Genau diese Prüfpflichten hat der BGH jetzt konkretisiert.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs wird sich natürlich auch auf andere Portale mit Bewertungsmöglichkeiten auswirken, wie DocInsider, DooyooGoogle+, Golocal, Kununu, Sanego oder Yelp.