Schnellere Termine und bessere Versorgung: Das will der Referentenentwurf eines Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vom 23.07.2018 erzielen. Doch wird das TSGV dieses Versprechen mit strukturellen Änderungen, Versorgungsalternativen und der beabsichtigten Digitalisierung einlösen? 

Vorneweg: Es handelt sich bislang nur um einen Entwurf.

Persönlich interessant finde ich den Ansatz über Versorgungsalternativen und digitale Medizin. Dem Gesetz kann man einige gute Ansätze anerkennen. Einige andere Punkte dürften auf den ersten Blick überraschen, beispielsweise die Aussetzung der Bedarfsplanung für die Facharztrichtungen Rheumatologie, Kinderheilkunde sowie Psychiatrie und Psychotherapie, § 103 Abs. 1 Satz 2 SGB V-E. Die betroffenen Facharztrichtungen sollten die weitere Entwicklung für den Fall des beabsichtigten Praxisverkaufs beobachten.

Der Referentenentwurf will auch einige Rechtsunsicherheiten beseitigen. Darunter fällt die Übernahme mehrerer MVZ durch eine Trägergesellschaft sowie die Vererbung der Gründereigenschaft bei Verkauf eines Medizinischen Versorgungszentrums an angestellte Ärzte. Anerkannte Praxisnetze sollen Gründereigenschaft erhalten. Einschränkungen sind im Rahmen der Erbringung von Dialyseleistungen zu erwarten. Erbringer nichtärztlicher Dialyseleistungen sollen nur noch zur Gründung fachbezogener medizinischer Versorgungszentren berechtigt sein.

Zur Gründung eines MVZ sind als Rechtsform die Personengesellschaft, die eingetragene Genossenschaft sowie die Gesellschaft mit beschränkter Haftung und öffentlich rechtliche Rechtsformen möglich ein, § 95 Abs. 1a Satz 2 SGB V-E.

Im Gegenzug schafft der Entwurf neue Probleme: Im Rahmen der Nachbesetzung angestellter Sitze soll zukünftig der Zulassungsausschuss den Bedarf prüfen.

Einige Eckpunkte

  • Erhöhung der Sprechstundenverpflichtung von 20 auf 25 Stunden, § 19a Abs. 1 ZV-Ärzte-E
  • Überwachung der Mindestsprechstundenzeiten
  • Terminservicestellen sollen 24/7 unter der Rufnummer 116117 und online erreichbar sein und auch nicht dringende Termine vermitteln
  • Demgegenüber sind Vergütungsanreize für zusätzliche Sprechstunden, die Behandlung neuer Patienten sowie die Kommunikation mit den Patienten vorgesehen
  • Regionale Zuschüsse für Landärzte
  • Erweiterung der Strukturfonds
    beispielsweise für die Investitionskosten bei Praxisübernahmen
  • Festzuschüsse auf eine Versorgung mit Zahnersatz werden von 50 % auf 60 % erhöht, § 55 Abs. 1 SGB V-E
  • Steigerung der formellen Anforderungen an die Informationspflichten der Zahnärzte zu Mehrkosten
  • Mehrkostenregelungen bei kieferorthopädischen Leistungen
  • Abschaffung der Punktwertdegression
  • Weiterentwicklung der Bedarfsplanung
  • elektronische Patientenakte (ePa) soll 2021 kommen, einschließlich dem mobilen Zugriff mittels Smartphone oder Tablet
  • Versorgungs-Alternativen wie Patientenbusse, mobile Praxen und digitale Sprechstunden
  • Betrieb von und Beteiligung an Einrichtungen zur unmittelbaren medizinischen Versorgung durch die Kassenärztlichen Vereinigungen

Hinsichtlich der neuen Anforderungen an die Informationspflichten glauben die Verfasser des Entwurfs, dass der Erfüllungsaufwand keine Bürokratiekosten aus neuen Informationspflichten enthalte. Ein Schelm, der das behauptet. Ärzte oder Ärztenetze sollten sich daher mit digitalen Unterstützungsmethoden zur Erfüllung der Informationspflichten und den Möglichkeiten der Automatisierung und Digitalisierung auseinandersetzen.

Schon heute gibt es digitale Unterstützung, beispielsweise die proCompliance Aufklärungsbögen aus der Thieme Compliance. Ähnlich kann ich mir weitere Document Automation Tools vorstellen, um Praxen die Erfüllung und vor allem den Nachweis der Informationspflichten zu erleichtern.

Haben Sie weitere Vorschläge zu Document Automation Tools in der Medizin oder haben selbst eines entwickelt? Dann schreiben Sie mir – ich bin neugierig.

Interessant finde ich den Ansatz über Versorgungs-Alternativen nachzudenken. Persönlich halte ich eine interdisziplinäre Verzahnung der unterschiedlichen Sektoren für sinnvoll. Das schließt auch nicht-ärztliche Versorgungsformen mit ein, ohne dabei den Arzt-Vorbehalt einschränken zu wollen.

Mittel des Strukturfonds sollen insbesondere für folgende Maßnahmen Verwendung finden:

  1. Zuschüsse zu Investitionskosten bei Neuniederlassung, Praxisübernahme oder der Gründung von Zweigpraxen
  2. Zuschläge zur Vergütung und zur Ausbildung
  3. Vergabe von Stipendien
  4. Förderung von Eigenrichtungen und lokalen Gesundheitszentren für die medizinische Grundversorgung
  5. Förderung der Erteilung von Sonderbedarfszulassungen
  6. Förderung des freiwilligen Verzichts auf die Zulassung als Vertragsarzt und Entschädigungszahlungen

Die Aufzählung der Eckpunkte ist nicht abschließend. Den Referentenentwurf können Sie auf den Seiten des Bundesgesundheitsministeriums abrufen: PDF.

Auch Anwälte sollten die Entwicklung des Referentenentwurfs weiter beobachten.