Der Landtag Baden-Württemberg hat im Juli das Gesetz über den Rettungsdienst (Rettungsdienstgesetz – RDG) vom 25. Juli 2024 in einer aktualisierten Fassung beschlossen. Es ist seit 2.08.2024 in Kraft. Die bisher geltende Fassung des RDG BW ist am 1.08.2024 außer Kraft getreten. Die Änderungen sind auf rettungsdienstgesetz.de eingepflegt.
Wichtigste Neuerungen
Das Rettungsdienstgesetz enthält zunächst einige sprachliche Anpassungen, einschließlich einer gendergerechten Sprache. Zu den weiteren Neuerungen zählen
- Einführung eines Telenotarztsystems
- Einführung von Begriffsbestimmungen, § 2 RDG BW
- Anpassungen bei den Trägerschaften im bodengebundenen Rettungsdienst, § 3 RDG BW
- Anpassungen bei den Trägerschaften im Luftrettungsdienst, § 4 RDG BW
- Anpassungen bei der Ärztlichen Leitung im Rettungsdienst, § 5 RDG
- Anpassungen bei der Planung des Rettungsdienstes, § 6 RDG
- Anpassungen in der Bedarfsplanung und der Planungsfrist (Hilfsfrist)
Planungsgröße sind nun 12 Minuten (bisher: 10-15 Minuten) in 95 % der Notfälle - Einführung einer Prähospitalzeit – Zeit bis zum Eintreffen in der richtigen Klinik – in bestimmten Notfällen im Rahmen der Bedarfsplanung
- Anpassungen in der Bedarfsplanung und der Planungsfrist (Hilfsfrist)
- Einführung einer Experimentierklausel, § 7 RDG BW
- Anpassungen für den Landesausschuss Rettungsdienst, § 8 RDG BW
- Anpassungen bei der zentralen Stelle für Qualitätssicherung, § 9 RDG BW
- Anpassungen beim Bereichsausschuss Rettungsdienst, § 10 RDG BW
- Anpassungen bei der Integrieren Leitstelle, § 11 RDG BW
- Änderungen an den Regelungen betreffend die Rettungsmittel, § 15 sowie deren Besetzung und Fortbildungspflicht, § 16 RDG BW
- Regelungen betreffend die eigenständige Durchführung heilkindlicher Maßnahmen und Ärztliche Verantwortliche im Rettungsdienst, § 20 RDG BW
- Notärztliche Standortleitungen, § 21 RDG BW, Leitende Notärzte und die Organisatorische Leitung, § 22 RDG BW
- Smartphonebasierte Alarmierung von Ersthelfern, § 24 RDG BW
- Änderungen bei den Genehmigungsvoraussetzungen, § 30 RDG BW und zur Genehmigung, §§ 31, 32 RDG RW
- Anpassungen bei der Öffentlichen Förderung, §§ 40 ff RDG BW
- Anpassungen bei den monatlichen Abschlägen auf den Kostenausgleich, § 43 Abs. 4 RDG BW
- Änderungen bei der Fachaufsicht der integrierten Leitstellen, § 48 RDG BW
- Anpassungen zur Datenverarbeitung im Rettungsdienst, §§ 49 ff RDG BW
- Ordnungswidrigkeiten, § 59 RDG BW
Überwiegend wurden damit bereits einige in anderen Landesgesetzen enthaltene Regelungen umgesetzt. Das verfassungsrechtlich nicht unumstrittene Verwaltungsmonopol der Rettungsorganisationen – namentlich der Arbeiter-Samariter-Bund, das Deutsche Rote Kreuz und die Bergwacht Württemberg, die Johanniter-Unfall-Hilfe und der Malteser Hilfsdienst, ferner die Bergwacht Schwarzwald und die Deutschen Lebensrettungsgesellschaft – (Hilfsorganisationenprivileg) blieb unangetastet. Es ist unter dem Gesichtspunkt der Art. 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 GG nicht unbedenklich, andere Organisationen als Leistungserbringer auszuschließen (vergleiche dazu für Bayern unter Berücksichtigung der Verfassung des Freistaats Bayern bereits das Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 24.05.2012, Az. Vf. 1-VII-10).
Die bestandsgeschützten privaten Unternehmen in der Notfallrettung nach Artikel 2 des Gesetzes zur Änderung des Rettungsdienstgesetzes vom 15. Juli 1998 (GBl. S. 413, 418) behalten ihren Anspruch auf Verlängerung der Genehmigung, sofern die Genehmigungsvoraussetzungen weiterhin erfüllt sind.
Ob das baden-württembergische Rettungsdienstgesetz tatsächlich so wie von der Landesregierung dargestellt, innovativ und hochmodern ist, wird sich zeigen. Beanstandungen gibt es bereits: Nach Ansicht der Björn-Steiger-Stiftung entsprächen die bestehenden Strukturen denjenigen aus den 1970er Jahren und lägen im internationalen Vergleich inzwischen auf dem Niveau von Entwicklungsländern. (SWR). So komme das Land seiner Pflicht zur Wahrung der Grundrechte nur ungenügend nach: die Zuständigkeiten und Strukturen bei Notfällen seien nicht umfassend geklärt, sie würden internationalen Standards nicht entsprechen, ferner würden fehlerhafte Vorgaben und vollkommen veraltete Organisationsstrukturen seit Jahren die Überlebenswahrscheinlichkeit von lebensbedrohlich Erkrankten in Baden-Württemberg senken. Das im Juli verabschiedete Gesetz zementiere diese Entwicklung. (Quelle: Pressemitteilung der Stiftung). Private Leistungserbringer wiederum kritisieren das Festhalten am Verwaltungsmonopol als wettbewerbs- und damit innovationshindernd.
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- Rettungswagen vor Notaufnahme: Andreas Staufer | All Rights Reserved