§ 2 Abs. 4 NotSanG findet bei im Inland erworbener Rettungsassistentenqualifikation mit bloßer Auslandsanerkennung keine Anwendung.

Ausgangspunkt: Systematik des § 2 NotSanG

§ 2 NotSanG regelt die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis zum Führen der Berufsbezeichnung „Notfallsanitäterin“ oder „Notfallsanitäter“. Während die Absätze 1 bis 3 in § 2 NotSanG die inländische Ausbildung betreffen, bestimmt Absatz 4, dass die Erlaubnis auch erteilt werden kann, wenn die Ausbildung im Ausland erworben wurde und gleichwertig mit der deutschen Ausbildung ist.

Das Notfallsanitätergesetz eröffnet damit Paramedics und anderen Sanitäter, die im Ausland eine Tätigkeit in der Notfallrettung ausüben, eine Möglichkeit, ihre Ausbildung in Deutschland anerkennen zu lassen. Dies gilt sowohl für Paramedics und Sanitäter aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) und des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) als auch aus Drittstaaten.

Die Vorschrift dient der Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen, nicht jedoch der Umwandlung inländischer Qualifikationen.

Keine „im Ausland erworbene Ausbildung“

Eine Ausbildung gilt allerdings nur dann als „im Ausland erworben“ im Sinne des § 2 Abs. 4 NotSanG, wenn sie im Ausland tatsächlich absolviert und abgeschlossen wurde. Nicht ausreichend ist, dass eine in Deutschland erworbene Qualifikation im Ausland lediglich berufszulassungsrechtlich anerkannt wurde.

Wird also eine deutsche Ausbildung nach dem Rettungsassistentengesetz (RettAssG a. F.) in einem anderen Land als gleichwertig anerkannt, so bleibt die zugrunde liegende Ausbildung weiterhin eine deutsche Ausbildung. Die irische Anerkennung führt nicht zur Entstehung einer eigenständigen ausländischen Berufsqualifikation, sondern stellt lediglich eine Verwaltungsentscheidung nach irischem Berufsrecht dar, die auf der Grundlage der deutschen Qualifikation ergangen ist.

In diesen Fällen liegt keine „im Ausland erworbene Ausbildung“ vor, auf die § 2 Abs. 4 NotSanG Anwendung finden könnte.

Keine Gleichwertigkeit von Rettungsassistent und Notfallsanitäter

Selbst wenn man — entgegen der Systematik — den ausländischen Anerkennungsakt als Ausgangspunkt nähme, würde die zugrunde liegende deutsche Rettungsassistentenausbildung nicht die Gleichwertigkeit zur Ausbildung nach dem NotSanG erreichen.

Die Ausbildung zum Notfallsanitäter umfasst:

  • eine dreijährige Ausbildung (gegenüber zwei Jahren nach RettAssG),

  • einen deutlich erweiterten theoretischen und praktischen Ausbildungsumfang,

  • erweiterte medizinische Kompetenzen, insbesondere im Bereich der eigenverantwortlichen Durchführung heilkundlicher Maßnahmen (§ 4 Abs. 2 NotSanG),

  • sowie eine staatliche Abschlussprüfung mit drei Teilbereichen (§ 15 NotSan-APrV).

Damit scheidet eine volle Gleichwertigkeit der Rettungsassistentenausbildung aus, so dass selbst ein fiktives Anerkennungsverfahren nach § 2 Abs. 4 NotSanG nicht erfolgreich wäre. Eine Anerkennung über den Umweg einer ausländischen Berufsanerkennung ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen und würde das System der qualifikationsbezogenen Gleichwertigkeitsprüfung des § 2 NotSanG umgehen.

Ergebnis

Eine in Deutschland erworbene Ausbildung als Rettungsassistent, die im Ausland lediglich anerkannt wurde, begründet keine im Ausland erworbene Berufsqualifikation im Sinne des § 2 Abs. 4 NotSanG. Bei einer Rückkehr nach Deutschland ist daher nicht § 2 Abs. 4 NotSanG, sondern allein § 32 NotSanG einschlägig. Der Weg zur Erlaubnis als Notfallsanitäter führt ausschließlich über die dort geregelte Ergänzungsprüfung.

Empfehlungen

Wer in Deutschland die Bezeichnung Notfallsanitäterin oder Notfallsanitäter führen will sollte prüfen, ob er dazu berechtigt ist. Das gilt auch für Unternehmer, die beispielsweise einen ausländischen emergency paramedic, ambulancier d’urgence oder technicien ambulancier d’urgence, einen paramédico de emergencias, einen soccorritore sanitario d’emergenza oder paramedico d’emergenza, spoedverpleegkundige oder ‘ambulanceverpleegkundige’ bzw. ‘paramedicus’, ratownik medyczny, asistent de urgenţă sau paramedic de urgenţă, mentőápoló vagy sürgősségi asszisztens, διασώστης έκτακτης ανάγκης, ambulanssjukvårdare (oder : paramedic), bzw. ensihoitaja in Deutschland als Notfallsanitäter einsetzen wollen.

Zu beachten ist dabei stets auch die korrekte Unterscheidung der Begriffe. So ist gerade im französischsprachigen Raum die Unterscheidung tatsächlich berufsrechtlich relevant. Die Begriffe „ambulancier d’urgence“ und „technicien ambulancier d’urgence“ klingen ähnlich, bezeichnen aber unterschiedliche Qualifikationsstufen im Rettungsdienstsystem (je nach Land – insbesondere Frankreich, Belgien, Schweiz, Luxemburg, Kanada). Ein „ambulancier“ fährt und betreut Patienten; das Berufsbild ist eher transportorientiert. Ein „technicien ambulancier d’urgence“ behandelt dagegen Patienten präklinisch; das Berufsbild orientiert sich eher notfallmedizinisch.

Da § 2 Abs. 4 ff. NotSanG für Ausbildungen in der EU/EWR und Drittstaaten nur schwer verständlich ist, empfiehlt sich sachkundige Beratung durch einen im Rettungsdienstrecht erfahrenen Rechtsanwalt.

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