Die nachfolgenden „Frequently Asked Questions“ sollen Antworten auf häufige Fragen zum Rettungsdienstrecht liefern. Die Auflistung befindet sich noch im Aufbau. Beachten Sie bitte, dass die Fragestellungen teils äußerst komplex sind und an dieser Stelle nur ein Überblick möglich ist.

Die Funktionsfähigkeit gibt eine Aussage darüber, ob ein funktionsfähiger Zustand besteht.

Meist wird die Frage nach der Funktionsfähigkeit im Rettungsdienst akut, wenn ein Unternehmer eine Genehmigung für Krankentransport oder Notfallrettung außerhalb des öffentlichen Rettungsdienstes beantragt. Manche – aber nicht alle – Rettungsdienstgesetze setzen vor Erlass einer Genehmigung die Prüfung der Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit voraus. Die Behörde hat also zu prüfen, ob die beantragte(n) Genehmigung(en) einen funktionsfähigen Rettungsdienst beeinträchtigen (Verträglichkeitsprüfung). Diese Funktionsschutzklausel soll die Existenzfähigkeit und die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes gewährleisten.

Objektive Zulassungsschranken für den Zugang zu einem Beruf, hier den des Rettungsdienstunternehmers, sind nach Art. 12 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich allerdings nur dann zulässig, wenn sie auch zum Schutz eines überragend wichtigen Gemeinschaftsgutes notwendig sind – vgl. BVerfGE 7, 377 (406).

Bedroht ist die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes beispielsweise erst bei konkreter Gefahr; dann wenn die Erteilung weiterer Genehmigungen zu schwerwiegenden Mängeln in der Funktionsfähigkeit des öffentlichen Rettungsdienstes führen kann. Liegen mehrere Bewerbungen vor, kann die Behörde eine Entscheidung nur dann treffen, wenn sie einheitlich prüft, ob und bejahendenfalls wieviele Genehmigungen noch erteilt werden könne (vgl. zum Taxenverkehr BVerwG, Urteil vom 25. 2. 1966 BVerwGE 23, 313 (315).

Die Verträglichkeitsprüfung ist eine prognostische Entscheidung wertenden Charakters, die der Verwaltung eine Einschätzungsprärogative gewährt (Vgl. bereits VGH MünchenUrteil vom 08.11.1995 – 4 B 95.1221). Das Gericht kann eine behördliche Prognoseentscheidung dahingehend prüfen, ob die Behörde den maßgeblichen Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt hat. Es hat zu prüfen, ob die Behörde die entscheidungserheblichen Gesichtspunkte erkannt hat. Die Prognose der Behörde über den möglichen Verlauf der Entwicklung darf nicht offensichtlich fehlerhaft sein.

Die strengen verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Zulässigkeit von Berufszugangsschranken legen der Behörde eine besondere Darlegungslast auf. Sie darf den Zugang zum Beruf nur sperren, wenn die bezeichnete Gefahr “konkret beweisbar eingetreten oder nach dem sorgfältig begründeten Urteil der Verwaltungsbehörde in drohende Nähe gerückt” ist (Vgl. zum Taxengewerbe BVerfGE 11, 168 (191) = NJW 1960, 1515).

Bedarfsgerecht bedeutet zunächst dem Bedarf entsprechend. Wann ein Rettungsdienst bedarfsgerecht ist, bestimmt sich nach den meist unbestimmten Vorgaben des jeweiligen Rettungsdienstgesetzes. Teils wird die Bemessung des Bedarfs durch das Gesetz selbst oder durch Verordnungen konkretisiert.

So definiert beispielhaft § 2 Abs. 1 der Verordnung über die Bemessung des Bedarfs an Einrichtungen des Rettungsdienstes (BedarfVO-RettD) vom 4. Januar 1993: „Der Bedarf an Einrichtungen des Rettungsdienstes ist so zu bemessen, daß in jedem Rettungsdienstbereich eine flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit Leistungen des Rettungsdienstes gewährleistet ist.“ Tatsächlich handelt es sich hierbei um einen Zirkelschluss: Denn der Bedarf soll sich an einer bedarfsgerechten Versorgung orientieren. Was also ist schon bedarfsgerecht?

Eine bedarfsgerechte Versorgung dürfte demnach bedeuten, dass jedenfalls bei der Notfallrettung „eine sofortige Abarbeitung des Einsatzes möglich sein
soll.“ Zu den relevanten Planungsgrößen sollen auch „die Einsatzbereiche der Rettungswachen, d. h. die von den Standorten zu betreuenden Flächen und die Anzahl der jeweils vorzuhaltenden Rettungsfahrzeuge in Abhängigkeit vom Einsatzaufkommen“ zählen (Vgl. Prütting, RettG NRW Erl § 6 Rn. 11 ff.).

Die Funktionsbeeinträchtigungs– oder auch Verträglichkeitsprüfung unterscheidet sich von der Bedarfsprüfung dahingehend, dass nicht nur der Bedarf an Rettungsmitteln geprüft wird. Vielmehr ist zu ermitteln, ob die Genehmigung weiterer Fahrzeuge tatsächlich die Funktionsfähigkeit beeinträchtigt oder gar bedroht. Abzustellen ist auf den konkreten Wortlaut des jeweiligen Landesrettungsdienstgesetzes, der sich abhängig vom Bundesland durchaus unterscheidet.

Fehler sind dabei nicht selten anzutreffen. Sachbearbeiter verfallen zuweilen in eine Bedarfsprüfung, ohne die Verträglichkeit zu ermitteln oder sie meinen eine Bedrohung bereits bei einer bloßen Beeinträchtigung zu erkennen. Diese Fehler können nicht nur zu einer gerichtlichen Anfechtung, sondern auch zu einer Amtshaftung führen.

Die rettungsdienstlichen Aufgabenträgern müssen im Rahmen ihrer Sicherstellungsverpflichtung hinreichende rettungsdienstliche Einrichtungen bereithalten. Diese sind grundsätzlich strukturell so zu bemessen, dass er die Bevölkerung mit den zur Erfüllung der Leistungen der Notfallrettung und des Krankentransports notwendigen Rettungsmitteln und rettungsdienstlichen Einrichtungen bedarfsgerecht versorgen kann. Dabei wird sich der Aufgabenträger auch nach der Zahl der Einwohner und der topographischen Verhältnisse und der Entfernungen richten müssen. Mögliche Ausfälle sowie Duplizitätsfälle sind bei der Bemessung zu berücksichtigen.

Dr. Andreas Staufer
Dr. Andreas StauferRechtsanwalt
Dr. Andreas Staufer ist Fachanwalt für IT-Recht und Fachanwalt für Medizinrecht. Schwerpunkte sind Neue Technologien, Technologisierung und Datenschutz sowie Rettungsdienstrecht.