Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte über die Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs aufgrund rechtskräftiger Verurteilung nach einer Straftat und damit den Widerruf einer Approbation als Arzt zu entscheiden.

VGH München, Beschluss v. 26.10.2023 – 21 ZB 20.2575
Vorinstanz: VG München, Urteil vom 07.09.2020 – M 16 K 19.5386

Es ist manchmal schon schwer, überhaupt die Approbation als Arzt zu erlangen. Sie kann später allerdings auch widerrufen werden.

Entscheidung: Widerruf der Appobation

Der Verwaltungsgerichtshof München hat in seinem Beschluss vom 26.10.2023 mit dem Aktenzeichen 21 ZB 20.2575 das Urteil des Verwaltungsgerichts München bestätigt und entschieden, dass die Approbation eines Arztes widerrufen werden kann, wenn dieser wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit versuchtem Schwangerschaftsabbruch verurteilt wurde. Der Kläger in diesem Fall hatte eine Freiheitsstrafe von elf Monaten auf Bewährung erhalten. Der Beschluss des VGH München bezieht sich auf das Berufsrecht der Ärzte und die Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs.

Im Laufe einer Behandlung wegen vermuteten Burnouts hatte sich eine Liebesbeziehung zwischen dem Kläger (Arzt) und einer Patientin entwickelt. Anfang 2016 teilte diese dem Kläger mit, dass ihre Monatsblutung ausgeblieben sei und sie vermutlich von ihm schwanger sei. Im Rahmen eines privaten Treffens verabreichte der Arzt dieser – in der Absicht, bei der Frau einen Schwangerschaftsabbruch herbeizuführen – ein Abtreibungsmittel unter der Behauptung, es handele sich bei dem Pulver um ein Magnesiumpulver. Starke, wehenartige Unterleibsschmerzen mündeten schließlich in einer Blutung. Nicht zu klären war, ob die Patientin tatsächlich schwanger war ließ sich nicht klären.

In seinen Entscheidungsgründen führte das Verwaltungsgericht aus:

Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BÄO ist der Widerruf der Approbation zwingend („ist zu widerrufen“), wenn der Betroffene sich eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich seine Unwürdigkeit zur Ausübung des ärztlichen Berufs ergibt. Die Feststellung der Unwürdigkeit verlangt ein schwerwiegendes Fehlverhalten, bei dessen Würdigung alle Umstände der Verfehlung(en) zu berücksichtigen sind. Sind die Voraussetzungen der Berufsunwürdigkeit im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens erfüllt, ist der mit dem Widerruf der Approbation verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit gerechtfertigt, ohne dass es einer zusätzlichen Abwägung mit den persönlichen Lebensumständen des Betroffenen und den Vollzugsfolgen des Approbationswiderrufs bedarf (vgl. BVerwG, B.v. 31.7.2019 – 3 B 7/18 – juris Rn. 11 f. m.w.N.).

Im vorliegenden Fall hatte der Kläger gehofft, seine persönlichen Lebensumstände (Alter, Vermögensverhältnisse etc.) seien im Rahmen der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen. Einer solchen zusätzlichen Abwägung bedurfte es allerdings nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs nicht. Anderes gelte bei der Wiedererteilung der Approbation oder der Erteilung einer Erlaubnis zur Ausübung des Berufs nach § 8 BÄO. Neben der Art und Schwere des Fehlverhaltens sowie dem zeitlichen Abstand zu den die Unwürdigkeit begründenden Verfehlungen seien auch alle sonstigen individuellen Umstände zu berücksichtigen, die nach Abschluss des behördlichen Widerrufsverfahrens eingetreten sind.

Widerruf der Approbation zwingend

Nach §§ 5 Abs. 2, Satz 1, 3 Abs. 1 Nr. 2 BÄO setzt der Widerruf der Approbation voraus, dass sich der Arzt nach Erteilung der Approbation als unzuverlässig oder als unwürdig zur Ausübung des Arztberufs erwiesen hat. Liegt eine dieser beiden Voraussetzungen alleine vor oder beide gemeinsam, so muss die Verwaltungsbehörde handeln. Sie hat kein Ermessen. Allerdings sind die beiden Begriffe der Unzuverlässigkeit und der Unwürdigkeit einer Auslegung fähig.

Bestenfalls begehen Ärzte keine Straftaten und bemühen sich ihre Zuverlässigkeit und Würdigkeit zu wahren. Besteht dennoch einmal der Anfangsverdacht einer Straftat im Raum, so müssen Ärzte stets und vor allem bei der Verteidigung im Strafverfahren auch ihre Approbation im Blick halten. Das gilt vor allem bei einem Verfahren wegen unterlassener Hilfeleistung, fehlerhafter Arzneimittel- und Betäubungsmittelverordnung, Vorteilsnahme, Untreue oder Betrug, Beleidigung bzw. sexuellen Übergriffen, Körperverletzung, Brandstifung, selbst bei Diebstahl oder Steuerhinterziehung. Cave: Selbst die Einstellung des Strafverfahrens gegen Auflage(n) kann den Widerruf begründen. Nach einer Verurteilung oder Einstellung prüfen die Betroffenen meist zu spät die möglichen berufsrechtlichen Auswirkungen.

Tötungsdelikt im Approbationsverfahren

Anders sieht die Situation nach Tilgung aus dem Bundeszentralregister aus. Ein vorsätzliches Tötungsdelikt im privaten Rahmen kann dem Antragsteller im Approbationsverfahrens nach dessen Tilgung nicht mehr entgegengehalten werden. Vergleiche VG Hannover 5. Kammer, Urteil vom 21.06.2023 – 5 A 5999/21.

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