Das Abrechnen fremder Laborleistungen gegenüber Privatpatienten auf eigene Rechnung kann den Straftatbestand des Abrechnungsbetrugs erfüllen. Ärzte, die ein derartiges Abrechnungmodell praktizieren, sollten diese Praxis umgehend überprüfen lassen. Sonst laufen Sie in folgende Gefahr:

Abrechnungsbetrug bei Laborleistungen

Nach § 4 Abs. 2 S. 1 Gebührenordnung Ärzte (GOÄ) kann der Arzt Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (eigene Leistungen). Die GOÄ unterscheidet bei den Laborleistungen zwischen Praxislabor (M I), Basislabor (M II) und Speziallabor (M III, M IV). Bei Weiterversand von Untersuchungsmaterial durch einen Arzt an einen anderen wegen der Durchführung von Laboruntersuchungen der Abschnitte M III und/oder M IV hat die Rechnungsstellung durch den Arzt zu erfolgen, der die Laborleistung selbst erbracht hat. So steht es explizit im Gebührenverzeichnis unter Ziffer M 3.

In manchen Fällen – vor allem bei ausländischen Patienten – scheint es zwar durchaus praktikabel, die Laborleistungen unmittelbar über den behandelnden Arzt abzurechnen. So erhält der Patient nur eine Rechnung; der Betrag könnte unmittelbar in der Praxis eingezogen werden. Diese Praxis honorieren einige Labore sogar mit einem Rabatt zugunsten des abrechnenden Arztes, meist innerhalb einer Rahmenvereinbarung oder anderweitigen vertraglichen Konstellationen. Das ändert allerdings nichts daran, dass diese Praxis dem Wortlaut nach gegen die GOÄ verstößt.

Fallbeispiel: Das Labor rechnet gegenüber dem Arzt den 0,5-fachen Satz ab, der Arzt liquidiert die Leistung als eigene zum 1,15-fachen Satz weiter. Das stellt in der Regel einen Abrechnungsbetrug dar. Gleiches kann aber auch der Fall sein, wenn die Leistung zum gleichen Satz weiterberechnet wird.

Rechtsprechung zu Laborleistungen

Spätestens seit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25.1.2012 – 1 StR 45/11 – hat diese Problematik für Ärzte an Bedeutung gewonnen. In dieser hatte sich der BGH ausführlich mit der Abrechenbarkeit von M III und M IV-Laborleistungen und der Frage des Abrechnungsbetrugs zu beschäftigen. Er führte hierzu aus, dass die 1995 eingeführte Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 GOÄ zielgerichtet verhindern sollte, „dass Ärzte Laborleistungen von darauf spezialisierten (…) Laborärzten beziehen und aus der Differenz zwischen dem Preis der eingekauften Laborleistungen und den dafür nach GOÄ in Rechnung gestellten Gebühren erhebliche Gewinne erzielen.“ Ein umsatzabhängiges Kickback zugunsten des überweisenden Arztes wollte der Gesetzgeber also vermeiden.

Doch die Konstellationen sind vielfältig und selten mit der Konstellation des vor dem BGH verhandelten Falls identisch. Nicht immer ist das Abrechnen der Laborleistungen unzulässig. Entscheidend ist stets, wie die Ärzte die Abrechnungsmodalitäten konkret ausgestaltet haben und was konkret mit den Patienten vereinbart war. Zunächst dürfen Ärzte, die zur Abrechnung von M III und M IV-Laborleistungen befugt sind, natürlich auch weiterhin selbst erbrachte Leistungen berechnen. Auch ein Abtreten der Forderung bzw. ein „Factoring“ kann unter bestimmten Umständen in Betracht kommen. Und bei ausländischen Patienten besteht gegebenenfalls die Möglichkeit, deutsches Recht und damit die GOÄ abzuwählen. Dann können Sie ein Honorar außerhalb der Bestimmungen der GOÄ vereinbaren – und damit auch das Durchreichen der Ansprüche anderer Ärzte. Dies ergibt sich nicht aus der GOÄ, sondern dem allgemeinen internationalen Recht.

Laborleistungen prüfen

Wenn Sie in Ihrer Praxis fremde Laborleistungen über ihre Privatliquidation den Patienten als Eigene in Rechnung stellen, so lassen Sie diese Praxis rechtlich prüfen. Auf eine langjährige Praxis vertrauen sollten Sie nicht – denn im Falle einer Durchsuchung im Labor, rücken auch die zuweisenden Ärzte schnell in den Fokus der Ermittlungen. Für Sie als Arzt ist eine frühzeitige Beratung wichtig. Der Ausgang eines strafrechtlichen Verfahrens kann berufsrechtliche Konsequenzen und Auswirkungen auf Ihre Approbation haben. Stellen Sie Ihre Abrechnungspraxis daher auf rechtssicheres Terrain.

Kammer oder Fachanwalt fragen

Sie sollten sich entweder Rat bei Ihrer zuständigen Ärztekammer oder bei einem Fachanwalt für Medizinrecht holen.

Denn dem sogenannten Verbotsirrtum unterliegen Sie nur dann, wenn der Irrtum vermeidbar war, vergleiche hierzu Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 21. September 2001 – 2 Ws 170/01 (Vorteilsnahme eines Klinikleiters). Dieses hatte entschieden:

„Der Angeklagte ist Arzt und verfügte nicht über eine juristische Ausbildung. (…) Im Zusammenhang mit den verfahrensgegenständlichen Vorwürfen ergeben sich teils schwierige Rechtsfragen, deren Beurteilung dem Angeklagten nicht abverlangt werden konnte. In der Rechtsprechung wird allerdings zu Recht verlangt, dass ein Betroffener in Zweifelsfällen Rechtsrat einer sachkundigen und vertrauenswürdigen Stelle einzuholen hat.“

Bei wirtschaftlichen Fragen rund um die Privatliquidation kommt übrigens auch eine Beratungsförderung in Betracht. Informationen hierzu senden wir Ihnen gerne unverbindlich zu.