Der Inhaber eines Ferienhauses streamte über zwei Webcams im Außenbereich der Wohnung das Geschehen vor seinem Haus. Über die datenschutzrechtliche Zulässigkeit hatte jetzt das Verwaltungsgericht Schwerin zu entscheiden – unklar war, ob es dem Datenschutz genüge, wenn Gesichter im Stream nicht erkennbar sind.
VG Schwerin, Beschluss vom 18. Juni 2015, Az. 6 B 1637/15 SN
Nach Auffassung des Gerichts genügt es nicht, wenn das Gesicht im Livestream nicht eindeutig zu erkennen ist. So „können auch zusätzliche Kriterien zu einer Bestimmbarkeit führen. Dies gilt vor allem für das sonstige Körperbild einer Person, wie die Körperhaltung, die Kleidung oder die mitgeführten Gegenstände. Darüber hinaus sind auch Zeitpunkt und Ort der Aufnahme geeignet, um Rückschlüsse auf eine Person ziehen zu können. (…) Auf eine tatsächlich erfolgreiche Identifizierung im Einzelfall kommt es in diesem Zusammenhang nicht an. “ Die beiden Webcams erfassten damit zumindest personenbeziehbare Daten, zumal diese auf einen Fahrradweg, die Strandpromenade und einen Bootshafen/Marina gerichtet waren.
So führte das Verwaltungsgericht aber auch aus: „Erst wenn etwa durch technische Vorkehrungen die Anonymität der möglicherweise aufgezeichneten Personen gewährleistet ist, fehlt es am Erheben personenbezogener oder zumindest personenbeziehbarer Daten.“ Das wäre beispielsweise bei einer einer automatischen Verpixelung der abgebildeten Personen der Fall.
Der Verstoß sei sogar schwerwiegend – aufgrund der Vielzahl der aufgezeichneten Personen und der weltweiten Verfügbarkeit.
Vorsicht: Der Fall betraf den Lifestream auf öffentlichen Grund. Bei einem anderen Zweck oder aus einer anderen Perspektive können die Aufnahme dagegen datenschutzrechtlich zulässig sein.
Zum Urteil im Volltext via openjur
Sie wollen eine Webcam installieren?
Achten Sie daher zwingend auf datenschutzrechtliche Besonderheiten beim Betrieb der Webcam. Hier gibt es zahlreiche unterschiedliche Szenarien zu unterscheiden, wie zum Beispiel den Lifestream ins Internet, dauerhafte Aufzeichnung oder nicht, den Zweck der Aufnahme, die abgebildeten Personen – zum Beispiel Privatleute, Arbeitnehmer oder unbeteiligte Dritte -, der Ort der Aufnahme, versteckt oder nicht, und vieles mehr. Das gilt nicht nur für Unternehmer, sondern auch für Privatpersonen!
Mein Tipp
Jedenfalls dann, wenn Sie die Webcam betrieblich nutzen, ist anwaltlicher Rat vor der Installation der Webcam sinnvoll. Meist ist die Erstberatung und Konzeption günstiger als die Vertretung in einem späteren gerichtlichen Verfahren. Denn auch strafrechtliche und wettbewerbsrechtliche Konsequenzen sind je nach der Beurteilung des Einzelfalls bei Betrieb einer Webcam nicht ausgeschlossen. Fragen Sie einen im IT-Recht tätigen Rechtsanwalt.
Vergleiche zum Streit unter Nachbarn zum Beispiel auch LG Detmold, Urteil vom 8.07.105 – 10 S 52/15; Amtsgericht Lemgo 19 C 302/14.