Bundessozialgericht: Bei Abrechnungsbetrug kann die Zulassung auch noch nach vielen Jahren entzogen werden. Wohlverhalten schützt nicht.
BSG, Beschluss vom 02. April 2014 – B 6 KA 58/13 B –, juris
Vertragsärzte sollten bei ihrer Abrechnung aufpassen. Abrechnungsbetrug wird schwer geahndet. Er führt nicht nur zu strafrechtlichen Ermittlungen und Regressen, sondern möglicherweise auch zum Entzug der vertragsärztlichen Zulassung, schlimmstenfalls der Approbation. Das Bundessozialgericht hatte diesmal über den Entzug der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zu entscheiden. Dem Arzt wurde seine Kassenzulassung letztlich entzogen.
Der Fall
Der Kläger nahm seit 1984 als Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenheilkunde an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Seit etwa September 2000 ermittelte die Staatsanwaltschaft; Das Amtsgericht verurteilte den Kläger schließlich wegen Betruges in fünf Fällen zu einer Gesamtgeldstrafe von 360 Tagessätzen. In der Berufungsinstanz änderte das Landgericht das Urteil ab und verurteilte den Kläger zu einer Gesamtgeldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 80 Euro. 10 Tagessätze galten aufgrund der langen Verfahrensverzögerung als vollstreckt. Sowohl die Einsicht und Reue des Klägers als auch die lange Verfahrensdauer berücksichtigte das Landgericht dabei als strafmildernd.
Das Sozialgericht hob den Entzug der Zulassung wegen des langen Zeitraums seit der Begehung der Pflichtverstöße auf; das Landessozialgericht Berlin allerdings bestätigte den Entzug der Zulassung. Das Bundessozialgericht bestätigte die Entscheidung des Landessozialgerichts.
Aus den Gründen
Es gibt keine „Verjährungsfrist„, die Zulassungsgremien daran hindern könnte bereits länger zurückliegende gröbliche Pflichtverletzungen zur Begründung einer Zulassungsentziehung heranzuziehen. Der Kläger habe eine grobe Pflichtverletzung begangen. Diese habe das Vertrauensverhältnis zu den vertragsärztlichen Institutionen so tiefgreifend und nachhaltig gestört, dass ihnen eine weitere Zusammenarbeit mit dem Vertragsarzt nicht mehr zugemutet werden kann. Der Pflichtverstoß kann auch nicht durch bloßen Zeitablauf relativiert werden.
Die Sozialgerichte dürfen auch bestandskräftige Entscheidungen anderer Gerichte und auch die Ergebnisse staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen verwerten. Anhand dieser können sie feststellen, ob der Arzt ein Delikt begangen und damit seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt und sich als ungeeignet für die vertragsärztliche Tätigkeit erwiesen hat.