Der Bayerische Landtag hat einen ersten Gesetzesentwurf zur Änderung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes und der Verordnung zur Ausführung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes vom 4.11.2015  veröffentlicht. Der Gesetzesentwurf nimmt sich nicht nur des neuen Notfallsanitäters an… Das sind die geplanten Neuerungen.

Bayerischer Landtag, Drucksache 17/8893
Zum Gesetzesentwurf im Volltext (PDF)

Notfallsanitäter kommt in Bayern an

Erwartungsgemäß behandelt der Gesetzentwurf zur Änderung des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes Neuerungen aufgrund des neuen Berufsbildes des Notfallsanitäters – zumindest am Rande. Den Rettungsassistenten wird eine Übergangszeit bis Ende 2023 gewährt; dann ist die Qualifikation als Notfallsanitäter für die Besetzung eines Notfallrettungsmittels zur Patientenbetreuung zwingend vorgeschrieben, Art. 55 Abs. 4 S. 1 BayRDG-E.

Änderungen des Ärztlichen Leiters Rettungsdienst (ÄLRD)

Der Gesetzesentwurf bringt allerdings auch erhebliche Änderungen bei der Bestellung und Organisation der Ärztlichen Leiter Rettungsdienst (ÄLRD) mit sich. Inhaltlich überraschen diese. Der Entwurf ändert die Struktur der ÄLRD in Bayern grundlegend: Ein ÄLRD pro ZRF, zudem ein Bezirksleiter auf Ebene der Bezirksregierungen; er soll die ZRF-ÄLRD in ihrer Tätigkeit unterstützen, koordinieren und beaufsichtigen. Ein einzelner Landesleiter verantwortet letztlich das notfallmedizinische Qualitätsmanagement in Bayern. Hierfür steht jeweils eine halbe hauptberufliche Stelle zur Verfügung, die bei begründetem Bedarf auch aufgestockt werden kann. 

Bestellung Ärztlicher Leiter Rettungsdienst

Die Voraussetzungen der Bestellung als ÄLRD sind zukünftig enger gefasst. Sie müssen als Facharzt in den Gebieten Anästhesiologie, Chirurgie oder Innere Medizin anerkannt sein; die Allgemeinmediziner werden aus dem Katalog gestrichen.

Aufgaben und Befugnisse der Ärztlichen Leiter

Der Entwurf konkretisiert Aufgaben und Befugnisse des ÄLRD in Art. 12 BayRDG-E. Zur Erfüllung seiner Aufgaben kann der ÄLRD allen im öffentlichen Rettungsdienst Mitwirkenden – zukünftig einschließlich den Ärzten – fachliche Weisungen erteilen. Diese Weisungsbefugnis wird noch für ziemliche Unruhe bei der sowieso schon durch Honorarkürzungen echauffierten Ärzteschaft sorgen. Sie kann einen erheblichen Eingriff in die freiberufliche Tätigkeit der Notärzte darstellen – je nachdem wie die „fachliche Weisung“ im neuen Art. 12 Abs. 1 S. 3 BayRDG interpretiert wird.

Die Gesetzesbegründung schreibt hierzu lediglich: 

Der neue Satz 3 entspricht weitgehend der bisherigen Regelung in Art. 12 Abs. 4. Das fachliche Weisungsrecht des ÄLRD ist ein notwendiger Weg, sicherzustellen, dass zwingende Qualitätsvorgaben für den Rettungsdienst im Interesse des Patienten für alle Beteiligten verbindlich erklärt und auch durchgesetzt werden können.“ 

Dies soll zukünftig auch für die dann fachlich weisungsgebundenen (?) Notärzte gelten. Das könnte der umstrittenen Rechtsfrage zur „Selbständigkeit“ der Notärzte unter sozialversicherungsrechtlichen Aspekten zusätzlich neuen Aufwind verleihen.

Delegation heilkundlicher Maßnahmen

Nach der Gesetztesbegründung können ÄLRD „künftig ärztliche Behandlungsmaßnahmen oder die Gabe von Medikamenten auf den Notfallsanitäter übertragen„, „ohne dass diese Delegation im konkreten Einzelfall ausgesprochen werden muss. Die standardmäßig vorgegebenen heilkundlichen Maßnahmen werden im medizinischen Sprachgebrauch als sog. standardisierte Handlungsanweisungen oder Standard Operating Procedures (SOP) bezeichnet.“ Auch dieser Passus ist hinsichtlich der Ausübung der Heilkunde nicht unumstritten.

Datenschutz und Schweigepflicht

Juristisch spannend bleibt die Auseinandersetzung mit Art. 12 Abs. 4 S. 3 BayRDG: 

Die Ärztlichen Leiter Rettungsdienst können im Ausnahmefall verlangen, dass ihnen personenbezogene Daten und Dokumentationen zur Verfügung gestellt werden, wenn im Interesse von Leben und Gesundheit künftiger Patienten die konkrete Überprüfung eines Einzelfalls erforderlich ist.“ 

 Und weil dem Gesetz die Auskunft der am Rettungsdienst Beteiligten nicht weit genug geht, sind auch die Zielkrankenhäuser weiterhin involviert: „Die Zielkliniken des Rettungsdienstes haben den Ärztlichen Leitern Rettungsdienst die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Auskünfte einschließlich der in der Klinik erhobenen Daten zur Weiterbehandlung von Patienten zur Verfügung zu stellen.
Der Passaus steht so bereits in der aktuellen Gesetzesfassung. Immerhin: „Der Wegfall der Begründungspflicht in Art. 12 Abs. 2 Satz 4 (zur Herausgabe der Daten) ist rein redaktioneller Art.“ Wie das Herausgabeverlangen mit dem Grundrecht auf „informationelle Selbstbestimmung“ des Patienten zu vereinbaren ist – wir werden sehen. 

Rettungsdienstausschuss Bayern

Ein Rettungsdienstausschuss Bayern (Rettungsdienstausschuss) wird bei der obersten Rettungsdienstbehörde gebildet. 

Aufgabe des Rettungsdienstausschusses ist es, fachliche Empfehlungen und ein landesweit einheitliches Vorgehen im Rettungsdienst zu erarbeiten. 

Mitglieder des Rettungsdienstausschusses sind die oberste Rettungsdienstbehörde, der Ärztliche Landesleiter Rettungsdienst (Landesleiter), die Ärztlichen Bezirksleiter Rettungsdienst (Bezirksleiter) sowie Vertreter der Sozialversicherungsträger, der Zweckverbände für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung, der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, der Durchführenden des Rettungsdienstes, der Betreiber der Integrierten Leitstellen und der Bayerischen Krankenhausgesellschaft.

Multi-resistente Erreger: (K)ein Fall für den Rettungsdienst

Patienten, die mit multiresistenten Erregern besiedelt sind und bei denen die konkrete Gefahr einer Keimstreuung besteht, sind zukünftig kein (zwingender) Fall mehr für den Krankentransport. Art. 43 Abs. 2 Nr. 3 BayRDG wird gestrichen. Dies entspricht im Wesentlichen den „Empfehlungen zur Prävention und Kontrolle von Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus-Stämmen (MRSA) in medizinischen und pflegerischen Einrichtungen“ (PDF) der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) aus Juni 2014. 

Die Gesetzesbegründung führt hierzu aus:
Patienten mit MRE können damit auch mit Fahrzeugen außerhalb des Rettungsdienstes transportiert werden, wenn sie nicht aus anderen Gründen auf Rettungsmittel des Rettungsdienstes angewiesen sind. Wenn der Arzt, der den Transport anordnet, das Infektionsrisiko aus medizinischen Gründen so gering wie möglich halten will, weil der Patient immunsupprimiert ist oder andere Vorerkrankungen aufweist, wird er aber weiterhin ein Transportmittel des Rettungsdienstes bestellen müssen. Das bedeutet, dass der bestellende Arzt eine Gefährdungsanalyse unter Berücksichtigung des Risikoprofils des jeweiligen Patienten durchführen muss, bevor er über die Transportart entscheidet. Diese Entscheidung soll nicht auf den Merkmalen Besiedelung und Keimstreuung, sondern auf der Gefährdung des Patienten durch Infektionen beruhen.

Der Entwurf ist noch nicht endgültig. Der bayerische Landtag wird demnächst über diesen beraten und beschließen.

Nachtrag

Stellungnahmen, Synopsen und mehr im Nachgang zum Entwurf der Änderung des BayRDG – Verlinkungen auf externe Webseiten: 

Rechtsanwalt für das Recht im Rettungsdienst

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