Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen hatte über die Erteilung einer Approbation als Zahnärztin unter Anerkennung von im Ausland (Russland) erlangten Berufsqualifikationen zu entscheiden. Dabei setzte es sich auch mit der neuen Definition der „wesentlichen Unterschiede“ in der Ausbildung auseinander.
OVG NRW, Urteil vom 1107.2016 – 13 A 897/15 –, juris
Die Anerkennung einer ausländischen Berufsausbildung als Arzt, Zahnarzt oder Tierarzt in Deutschland ist nicht leicht. Die Hürden zu einer Approbation in Deutschland sind allerdings niedriger als früher. So hat die Richtlinie 2013/55/EU (juris: EURL 55/2013) mit der Änderung des Artikels 14 Absätze 1, 4 und 5 der Richtlinie 2005/36/EG (juris: EGRL 36/2006) den Begriff der „wesentlichen Unterschiede“ neu definiert. Das Kriterium der Ausbildungsdauer ist nicht mehr vorgesehen.
Das OVG hatte vorliegend den Fall einer in Russland geborenen Klägerin zu entscheiden, die ein Studium der Stomatologie (Zahnmedizin) am staatlichen Institut für Medizin Smolensk absolviert und mit einem Diplom als Ärztin für Stomatologie abgeschlossen, im Anschluss hieran noch die Qualifikation zum „Zahnarzt-Therapeuten“ (Rn. 1). Die Bezirksregierung Köln hatte den Antrag auf Approbation als Zahnärztin zunächst abgelehnt und Defizite in der Ausbildung festgestellt; nach ihrer Ansicht sei eine Kenntnisprüfung (Defizitprüfung) erforderlich. Die auf Verpflichtung zur Erteilung der Approbation gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht jedenfalls in Teilen abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte erfolg. Das OVG NRW sprach der Klägerin den Anspruch auf Erteilung der Approbation zu.
Aus den Entscheidungsgründen – Rn. 28:
„Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 ZHG ist Antragstellern, die über einen Ausbildungsnachweis für die Ausübung des zahnärztlichen Berufs verfügen, der in einem (…) Drittland) ausgestellt ist, die Approbation zu erteilen, wenn die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes gegeben ist. Für die Prüfung der Gleichwertigkeit gilt (…) Absatz 2 Satz 2 bis 6 sowie 8 entsprechend. Danach gilt, dass der Ausbildungsstand als gleichwertig anzusehen ist, wenn die Ausbildung des Antragstellers keine wesentlichen Unterschiede gegenüber der Ausbildung aufweist, die in diesem Gesetz und in der Rechtsverordnung nach § 3 Abs. 1 geregelt ist. Wesentliche Unterschiede liegen vor, wenn 1. die Ausbildung der Antragsteller hinsichtlich der beruflichen Tätigkeit Fächer umfasst, die sich wesentlich von der deutschen Ausbildung unterscheiden, oder 2. der Beruf des Zahnarztes eine oder mehrere reglementierte Tätigkeiten umfasst, die in dem Staat, der den Ausbildungsnachweis ausgestellt hat, nicht Bestandteil des Berufs des Zahnarztes sind, und die deutsche Ausbildung Fächer umfasst, die sich wesentlich von denen unterscheiden, die von dem Ausbildungsnachweis der Antragsteller abgedeckt werden. Fächer unterscheiden sich wesentlich, bei denen Kenntnis und Fähigkeiten eine wesentliche Voraussetzung für die Ausübung des Berufs sind und bei denen die Ausbildung der Antragsteller gegenüber der deutschen Ausbildung wesentliche Abweichungen hinsichtlich des Inhalts aufweist. Wesentliche Unterschiede können ganz oder teilweise durch Kenntnisse und Fähigkeiten ausgeglichen werden, die die Antragsteller im Rahmen ihrer zahnärztlichen Berufspraxis in Voll- oder Teilzeit oder durch lebenslanges Lernen erworben haben, sofern die durch lebenslanges Lernen erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten von einer dafür in dem jeweiligen Staat zuständigen Stelle formell als gültig anerkannt wurden; dabei ist nicht entscheidend, in welchem Staat diese Kenntnisse und Fähigkeiten erworben worden sind.“ (Hervorhebung durch uns)
Dies bedeute allerdings keine vollständige Abkehr von dem Kriterium der Ausbildungsdauer. Die Gleichwertigkeit des Ausbildungsstandes sei demnach anhand des Inhalts der Ausbildung, mithin der Ausbildungsgegenstände, zu bemessen. Der Wirksamkeit ihrer Vermittlung komme Bedeutung zu; dafür könne die Ausbildungsdauer weiterhin ein bedeutendes Indiz sein.