Künstliche Intelligenz ist doch nichts Neues! Damit hatte ich mich bereits 1996 – vor über 20 Jahren – in meiner Biologie-Facharbeit befasst. KI bleibt dennoch ein spannendes Thema; sie teilt mit Erfindungen wie der Elektrizität, der Industrialisierung oder dem Telefon ein Jahrhunderte altes Phänomen: Die Furcht vor Neuem, Anderem und vor Veränderung. 

Artificial intelligence is nothing new! I already started working in this field in 1996 – more than 20 years ago. AI nevertheless remains an exciting topic; it shares a centuries-old phenomenon with such inventions like electricity, industrialization or the telephone: the fear of the new, the different and of change. This article is about LegalTech and legal issues related to artificial intelligence.

Gut, meine Facharbeit beschäftigte sich damals mit Künstlichem Leben (KL, oder auch englisch AL für artificial life). Inhaltlich drehte sich vieles um die Turing-Maschine, um die Automatentheorie, Conways Game of Life und L-Systeme, aber auch um Biomorphe, Kybernetik und die Verhaltensforschung. 1996 hatte ich mir das Thema im Wahlfach Biologie ausgesucht. Immerhin 15 Punkte – volle Punktzahl – hatte ich für die Ausarbeitung erhalten. Und noch heute fasziniert mich das Thema.

Künstliches Leben

Künstliches Leben überschneidet sich mit Künstlicher Intelligenz.  „Die KL-Forschung kann man grob in zwei Bereiche gliedern, die Nachahmung und Simulation einfacher Lebensvorgänge mit Hilfe des Computers, sowie der Versuch, wirkliches künstliches Leben, Leben in silicio, wie viele in Anlehnung an den Begriff Leben in vitro, Leben aus dem Reagenzglas, sagen. Doch überschneiden sich beide Bereiche, denn mit dem Versuch künstliches Leben zu schaffen, wird meist versucht, die Natur nachzuahmen.“ Staufer, Künstliches Leben, Facharbeit 1996, Seite 3.

Schon damals vermutete man, dass – wenn die Rechenleistung nur groß genug wäre – beispielsweise das Spiel Life „immer intelligenter werden und schließlich sogar ihre Doktorarbeit schreiben“ könnte. Conway, zitiert von Levy, KL, S. 75 f.

Künstliche Intelligenz

Künstliche Intelligenz – abgekürzt KI oder auch AI für Artificial Intelligence – wird demgegenüber meist als Oberbegriff für verschiedene weitere Begriffe verwendet, für Maschinenlernen (Machine Learning), Natürliche Sprachverarbeitung (Natural Language Processing) oder vorausschauende Analytik (Predictive Analytics). Sie wird 2018 sogar als „einer der heißesten Trends“ bezeichnet (so Kraul, Rechtsfragen der Künstlichen Intelligenz, Video vom 13.04.2018).

LegalTech und Künstliche Intelligenz

Vielen anderen Juristen fällt es demgegenüber wohl nicht ganz so leicht, Künstliche Intelligenz in unserem Rechtssystem unter ihnen bekannte Fälle zu subsumieren. Warum nicht? Nun, es fängt wohl bereits damit an, dass viele weder den Begriff des Künstlichen Lebens noch den der Künstlichen Intelligenz überhaupt greifen können. Das verstehe ich. Doch sollte man sich mit diesem Thema auch aus eigenen beruflichen Gründen auseinandersetzen.

Bisherige Denkmuster

Unser bisheriges Denken im Umgang mit Computern verläuft regelbasiert. Der Computer macht – meist – das, was ihm sein Programmierer vorgegeben hat. Hat er eine Eventualität vergessen, führt das Programm die fehlende Routine auch nicht aus. Der Computer folgt also bestimmten Regelmustern.

Neue Ansätze

Doch das war einmal; schon heute lernen moderne Programme dazu und versuchen auch unbekannte Aufgaben zu absolvieren. Sie eignen sich selbständig Wissen an und sind in der Lage selbständig neue Aufgaben zu lösen und bestehende Lösungsschritte selbst zu optimieren. Dazu zählt auch die Fähigkeit Texte zu lesen und zu verstehen sowie darüber hinaus sogar für Menschen verständliche Texte zu verfassen. Interessant wird es, wenn die Maschine Korrelationen zu anderen Texten und Definitionen zieht und Muster erkennt.

Werden diese mit der Berechnung von Wahrscheinlichkeiten verknüpft, kann die Maschine selbst Verträge oder Schriftsätze analysieren, verstehen und schließlich bewerten. So wäre eine Bewertung möglich, ob bestimmte Klauseln unwirksam oder ungünstig für den Mandanten sind oder schlicht fehlen. Mit der Vorgabe verschiedener Variablen wäre sie vermutlich auch in der Lage, neue Verträge und Schriftsätze zu verfassen.

LegalTech

Die Aufgaben vieler Juristen sind standardisierbar. Will es sich der Jurist einfach machen, nutzt er Mustervorlagen, die er lediglich rudimentär an den Wunsch des Mandanten anpasst – eine Vorgehensweise, die jedenfalls mich intellektuell nicht fordert. Dieses System machen sich auch Vertragsgeneratoren wie SmartLaw, LawLift oder Contract Creator zunutze; das sind regelbasierte Systeme: Man „klickt“ sich letztlich durch eine Art Flußdiagramm, anhand dessen der Generator vorgegebene Texte zusammenfügt.

Spannend wird es jedoch dann, wenn eine Künstliche Intelligenz anhand von Schilderungen selbständig (die richtigen) Schlüsse zieht und darauf aufbauend einen individuellen Text erstellt, vielleicht sogar für bislang unbekannte rechtliche Vorgaben.

Die vorstehenden Ausführungen betrafen Aspekte des LegalTech. Sie erleichtern bereits heute Juristen die Arbeit und werden sie – jedenfalls in Teilen – immer weiter ersetzen. Daneben stellen sich auch interessante Rechtsfragen im Einsatz Künstlicher Intelligenz.

Rechtsfragen der Künstlichen Intelligenz

Rechtsfragen im Zusammenhang mit Künstlicher Intelligenz sind unterschiedlichster Natur. So entstanden nicht erst im Zusammenhang mit der Robotik – Roboter als softwaregesteuerte Maschinen – viele bekannte IT- und IP-rechtliche Fragen rund um Embedded Systems (eingebettete Systeme), die sich im Zusammenhang mit der KI fortsetzen. (Produkt-)haftungsrechtliche Fragen werden aufgeworfen. Findet das ProdHaftG Anwendung?

KI im Gesundheitswesen

Beim Einsatz Künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen treten darüber hinaus Aspekte des Berufsrechts, des Medizinprodukterechts und des Heilmittelwerberechts in den Vordergrund. Es stellt sich die Frage, wen die Pflicht zur Verkehrssicherheit trifft. Doch sind diese Rechtsfragen beim Autofahren nicht ähnlich komplex, wenn als Haftungsschuldner Fahrer, Halter und Hersteller in Betracht zu ziehen hat? Gut, beim autonomen Fahren entfällt möglicherweise die Haftung eines menschlichen Fahrers.

Autonome Systeme

Entwickelt sich das System autonom weiter, wird die Beantwortung dieser Fragen sicher nicht leichter. Rechtsfragen autonomer Systeme dürfen sicher als komplex bezeichnet werden. Doch auch hier sehe ich durchaus hergebrachte Lösungsansätze, beispielsweise bei der Abgrenzung zwischen dem ursprünglichen Hersteller und dem Verwender – sofern nicht letzterer selber zum Hersteller wird. Verträge zwischen autonomen Systemen zeichnen sich durch eine möglichst konkrete Beschreibung des Vertragsschlusses aus, Handlungsrahmen sind zu definieren. Wirtschaftlich sicher nicht uninteressant ist auch, ob autonom weiterentwickelte Systeme patentiert werden können. Wem gehören die generierten Daten? Und welche Rolle spielt der Datenschutz bei der Erhebung personenbezogener Daten, beispielsweise in der Robotik?

Robotergesetze

Im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht könnte man geneigt sein, Regeln für autonome Systeme zu suchen. Das aber hat uns bereits Isaak Asimov abgenommen, der in seinen Romanen die philosophisch berühmten Robotergesetze – und deren Irritationen – aufstellte:

  1. Ein Roboter darf keinen Menschen verletzen oder durch Untätigkeit zu Schaden kommen lassen.
  2. Ein Roboter muss den Befehlen eines Menschen gehorchen, es sei denn, solche Befehle stehen im Widerspruch zum ersten Gesetz.
  3. Ein Roboter muss seine eigene Existenz schützen, solange dieser Schutz nicht dem Ersten oder Zweiten Gesetz widerspricht.

Die Zukunft wird es zeigen. Man muss nur neugierig und interessiert mit ihr umgehen.

Sollten Sie sich mit einer dieser komplexen Rechtsfragen konfrontiert sehen, melden Sie sich. Ich bin offen für sämtliche Rechtsfragen rund um Innovation und Technik.