Patienten haben ein Recht auf Einsicht in ihre Patientenakte. Dieses Recht besteht bereits seit Jahren. Es ist Ausfluss des verfassungsrechtlich garantierten Allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Manifestiert ist der Anspruch in § 630g BGB. Auch die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gewährt Auskunft über die personenbezogenen Daten und eine Kopie der Daten. Dennoch hatte wieder ein Gericht über den Anspruch zu entscheiden.

Einsicht in die Patientenakte

Geklagt hatte eine Patientin gegen ein Universitätsklinikum. Sie forderte die Herausgabe der Patientenakte als PDF. Nach Auffassung des Landgerichts Dresden, Urteil vom 29.05.2020 – 6 O 76/20 – (PDF) soll ein Patient diesen Anspruch auf Herausgabe von Behandlungsunterlagen gegen seinen Arzt sowohl auf § 630g Abs. 1 Satz 1 BGB  als auch auf Art. 15 Abs. 3 DSGVO stützen können. In dem Rechtsstreit unterlag das Universitätsklinikum Carl Gustav Carus Dresden. Das Gericht verurteilte das Klinikum, der Klägerin unentgeltliche Auskunft über die bei der Klägerin gespeicherten personenbezogenen Daten durch Übermittlung der vollständigen Behandlungsdokumentationen im pdf-Format herauszugeben.

Akteneinsicht und datenschutzrechtliche Auskunft

Zu Recht hat das Landgericht eine Anwendung des Art. 15 Abs. 3 DSGVO neben § 630g BGB erkannt. Das Gericht differenziert allerdings – meiner bescheidenen Auffassung nach – den unterschiedlichen Regelungsgehalt der beiden Vorschriften nicht präzise. Im Ergebnis allerdings bleibt es dabei, dass ein Patient natürlich Akteneinsicht und Auskunft über die gespeicherten Daten verlangen kann.

Einsicht in die Patientenakte

§ 630g BGB gewährt einen Anspruch auf Einsichtnahme in die Patientenakte. Zudem kann der Patient elektronische Abschriften verlangen. Soweit sich die Entscheidung auf § 630g BGB stützt, erfolgt die Auskunft entgeltlich. § 630g BGB gewährt keinen Anspruch auf ein bestimmtes Format. Der Gesetzgeber sah vor, dass Abschriften sowohl von einer in Textform erstellten Dokumentation als auch von elektronischen Dokumenten und gegebenenfalls auch in Form maschinenlesbarer Datenkopien angefertigt werden können. Einen Anspruch auf eine Kopie als PDF enthält das Gesetz nicht. § 630g BGB regelt unter anderem:

Dem Patienten ist auf Verlangen unverzüglich Einsicht in die vollständige, ihn betreffende Patientenakte zu gewähren, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. (…) Der Patient kann auch elektronische Abschriften der Patientenakte verlangen. Er hat dem Behandelnden die entstandenen Kosten zu erstatten.

Datenschutzrechtliche Auskunft als Patient

Art. 15 DSGVO gewährt einen Anspruch auf Auskunft, aber nicht zwingend auf „Übermittlung der vollständigen Behandlungsdokumentationen“. Es ist vielmehr Auskunft über die gespeicherten Daten zu gewähren, auf Wunsch auch elektronisch. 

Der Verantwortliche stellt eine Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, zur Verfügung. Für alle weiteren Kopien, die die betroffene Person beantragt, kann der Verantwortliche ein angemessenes Entgelt auf der Grundlage der Verwaltungskosten verlangen. Stellt die betroffene Person den Antrag elektronisch, so sind die Informationen in einem gängigen elektronischen Format zur Verfügung zu stellen, sofern sie nichts anderes angibt. 

Aus Erwägungsgrund 63 zum Auskunftsrecht stellt klar, dass ein Patient Auskunft auch über seine eigenen gesundheitsbezogenen Daten verlangen darf. Erwägungsgrund 63 spricht allerdings von „Daten in ihren Patientenakten“, die Informationen enthalten. Die Kopie der Patientenakte als Gesamtheit ist davon nicht erfasst. Allerdings gehen einige Kommentare von einer exzessiven Auslegung aus und gestatten sogar die Rohfassung der Daten. Eine Aufarbeitung oder Umwandlung der Daten in ein anderes Format, ist allerdings nicht geschuldet. Hier geht das Gericht mit der Herausgabe als PDF meines Erachtens im Tenor zu weit. 

Eine andere Auffassung sagt, dass die Kopie nicht weitergehen dürfe als der Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO. Hier besteht noch Klärrungsbedarf. Inhalt und Reichweite des Rechts auf eine Datenkopie in Art. 15 Abs. 3 DSGVO sind hochumstritten und nicht abschließend durch Rechtsprechung geklärt.

Bei einer großen Menge von Informationen über die betroffene Person, soll der Verarbeiter zudem eine Präzisierung der erbetenen Auskunft verlangen können.

Einschränkungen außerhalb gesetzlicher Öffnungsklauseln – beispielsweise aufgrund eines Vertrags – sind rechtlich unzulässig und daher in ihren Rechtsfolgen bezogen auf Art. 15 wohl nichtig. 

Ausnahmen der Akteneinsicht

§ 630g BGB nennt übrigens auch Gründe, wann die Einsicht in die Patientenakte verweigert werden kann. Soweit der Einsichtnahme erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen, kann die Einsicht zurückgewiesen werden. Entscheidend sind zwei  Wörter: soweit und erheblich. Die vollständige Verweigerung der Akteneinsicht ist nicht möglich. Es ist also zwischen einem einsehbaren und einem nicht einsehbaren Teil zu unterscheiden. Darüber hinaus müssen die Gründe für die Ablehnung erheblich sein. Die Ablehnung der Einsichtnahme ist zu begründen. 

Anders sieht das bei Art. 15 DSGVO aus. Das Recht auf Erhalt einer Kopie darf die Rechte und Freiheiten anderer Personen nicht beeinträchtigen. Dies darf nach Erwägungsgrund 63 allerdings „nicht dazu führen, dass der betroffenen Person jegliche Auskunft verweigert wird.“  

Streitwert

Den Streitwert für die Herausgabe der Behandlungsunterlagen setzte das Gericht mit 6.000 EUR an.

Fazit

Ärzte und Kliniken sollten sich jedenfalls auf Anfragen der Patienten einstellen und Konzepte zur Umsetzung erarbeiten.