Urteil des Bundesgerichtshofs stärkt Werbefreiheiten der Zahnärzte. Ein an Erfolgsprämien orientiertes Geschäftsmodell zwischen einem Zahnarzt und einem Portalbetreiber im Internet kann zulässig sein.

BGH, Urteil vom 21. Mai 2015 – I ZR 183/13
vorhergehend: KG Berlin, LG Berlin (PDF)

Amtliche Leitsätze

a) Die Bestimmung des § 1 Abs. 5 BO Zahnärzte Nordrhein, nach der der Zahnarzt keine Verpflichtung eingehen soll, die seine Unabhängigkeit bei der Berufsausübung beeinträchtigen kann, stellt eine Marktverhaltensregelung im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG dar.

b) Ein Geschäftsmodell, an dem sich ein Zahnarzt beteiligt, ist mit § 1 Abs. 5 BO Zahnärzte Nordrhein unvereinbar, wenn es die Gefahr begründet, dass ein Zahnarzt sich bei der Behandlung nicht am Patientenwohl orientiert, sondern an seinen eigenen wirtschaftlichen Interessen. Eine solche Gefahr ergibt sich nicht aus Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Betreibers des Geschäftsmodells, die die Auslegung zulassen, dass der Zahnarzt die Behandlung eines Patienten aus medizinischen Gründen ohne Kostennachteile ablehnen kann.

UWG § 4 Nr. 11; NordrheinZÄBerufsO § 1 Abs. 5; BGB § 305c Abs. 2

Konkret ging es bei der Entscheidung um die an sich verbotene Zuweisung von Patienten gegen Entgelt. Dieses Verbot soll bezwecken, dass sich Zahnärzte bei der Ausübung ihres Berufs an medizinischen Notwendigkeiten halten und sich nicht an ökonomischen Erfolgskriterien orientieren.

Die Beklagte ist Betreiber eines Internetportals, auf denen sie Gutscheine für Waren und Dienstleistungen vertreibt. Sie bot auf der Grundlage von Kooperationsverträgen mit Zahnärzten auch Gutscheine für professionelle Zahnreinigungen, Bleachings, kieferorthopädische Zahnkorrekturen, Implantatversorgungen, prothetische Versorgungen und Zahnfüllungen von Zahnärzten aus Nordrhein-Westfalen an. Die Zahnärztekammer Nordrhein wehrte sich gegen diese Werbemethode. Sie war der Auffassung, die Beklagte sei an den Verstößen der Zahnärzte gegen ihr Berufsrecht als Gehilfin beteiligt.

Der BGH erachtete die Vereinbarung einer Vergütung als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen einer Internetplattform zum Anbieten freiberuflicher Leistungen und für die im Zusammenhang damit geleisteten Dienste allerdings als zulässig. Die Gefahr einer ausschließlichen Orientierung des Zahnarztes am eigenen wirtschaftlichen Interesse erkannte der BGH darin nicht.

Kein Freibrief für Zahnärzte

Beachten Sie bitte: Die Entscheidung stellt keinen Freibrief für jegliche Werbemaßnahmen im Internet dar. Ihren berufsrechtlichen Pflichten müssen Sie im Übrigen weiterhin nachkommen. Lesen Sie hierzu beispielsweise eine Entscheidung des LG Oldenburg zum Preisdumping bei Zahnärzten.

Rechtsanwalt für Heilmittelwerberecht

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