Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in seinem Urteil vom 28. Januar 2016 – C-50/14 in einem Vorabentscheidungsersuchen des Tribunale Amministrativo Regionale per il Piemonte (Italien) über öffentliche Aufträge erneut über die Direktvergabe sozialer Dienstleistungen an Freiwilligenorganistaionen unter Berücksichtigung der Art. 49, 56 AEUV und der alten Richtlinie 2004/18/EG entschieden – hier: Krankentransporte.

EuGH, Urteil vom 28. Januar 2016 – C-50/14

Der EuGH hatte über die Zulässigkeit einer nationalen Regelung, nach der Krankentransporte im Wege der Direktvergabe ohne jegliche Bekanntmachung und unter Erstattung der aufgewandten Kosten an Freiwilligenorganisationen vergeben werden dürfen, zu entscheiden.

Derartige Regelungen sind grundsätzlich zulässig. Die wirtschaftliche Tätigkeit der beauftragen Freiwilligenorganisation muss allerdings geringfügig sein. Sie muss ihre freiwillige Tätigkeit unterstützen. Es ist Sache des nationalen Gesetzgebers darüber zu entscheiden, ob diese Tätigkeit nicht durch die Festlegung eines Grenzwerts oder durch sonstige Merkmale eingeschränkt werden sollte. Der EuGH verweist in seiner Entscheidung auf die Einhaltung der in den Rn. 60 bis 62 des Urteils Azienda sanitaria locale n. 5 „Spezzino“ u. a. (C‑113/13, EU:C:2014:2440) festgelegten Grenzen. Das eigentliche Wesen dieser Freiwilligenorganisationen ist zu respektieren.

Tenor der Entscheidung

  1. Die Art. 49 AEUV und 56 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung nicht entgegenstehen, die es — wie im Ausgangsverfahren — zulässt, dass die örtlichen Behörden die Erbringung von Krankentransportdiensten im Wege der Direktvergabe ohne jegliche Bekanntmachung an Freiwilligenorganisationen vergeben, soweit der rechtliche und vertragliche Rahmen, in dem diese Organisationen tätig sind, tatsächlich zu dem sozialen Zweck und zu den Zielen der Solidarität und der Haushaltseffizienz beiträgt.
  2. Wenn ein Mitgliedstaat es den Behörden erlaubt, für die Durchführung bestimmter Aufgaben unmittelbar auf Freiwilligenorganisationen zurückzugreifen, ist eine Behörde, die mit derartigen Organisationen Übereinkünfte schließen will, nach dem Unionsrecht nicht verpflichtet, vorher die Angebote verschiedener Organisationen zu vergleichen.
  3. Ein Mitgliedstaat, der es erlaubt, dass die Behörden für die Durchführung bestimmter Aufgaben unmittelbar auf Freiwilligenorganisationen zurückgreifen und dass diese Organisationen bestimmte wirtschaftliche Tätigkeiten ausüben, muss für die Ausübung dieser Tätigkeiten Grenzen festlegen. Diese Grenzen müssen allerdings gewährleisten, dass die genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten im Verhältnis zur Gesamtheit der von diesen Organisationen ausgeübten Tätigkeiten geringfügig sind und deren freiwillige Tätigkeit unterstützen.

Volltext der Entscheidung: EuGH CURIA C-50/14 (PDF)

Nachträgliche Anmerkung vom 20.05.2016: Durch das Notfallsanitätergesetz ist fraglich, ob die ehrenamtlichen Strukturen im Rettungsdienst zukünftig auch nur annähernd beibehalten werden können. Schon heute ist ein deutlicher Rückgang der ehrenamtlichen Tätigkeit im Rettungsdienst zu verzeichnen.

Bei allen Fragen rund um das Rettungsdienstrecht insbesondere dem Recht der Notfallrettung, Krankentransporte, Notärzte, Luftrettung u.a. stehen Ihnen Rechtsanwalt Dr. Andreas Staufer und das Team von FASP gerne als kompetente Ansprechpartner zur Verfügung.